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  Virgilio Sieni
Choreograf, Tänzer

Virgilio Sienis choreographische Arbeiten, seine Performances und Inszenierungen wurden bereits als eines der wichtigsten theatralen Experimente der letzten Jahrzehnte erkannt. Die Besonderheit seiner Arbeit liegt vor allem darin, dass er klassischen Tanz mit visuellem zeitgenössischem Ausdruck konfrontiert, indem er nicht nur das eingeschränkte und nostalgische Vokabular der Schritte und Figuren des akademischen Repertoires zerlegt, sondern auch die traditionellen, dekadenten Ideen und deren romantische Atmosphäre, Szenen und Stimmungen.
So widersetzt er sich einem Tanz, der den Gesetzen der Repräsentation und Darstellung unterworfen ist, und treibt im Kontext zeitgenössischer Kunst- und Theaterentwicklungen die italienische Choreografie voran.
Seine Experimente im Bezug auf die Bewegung, den Körper und die Inszenierung haben einen sehr eigenständigen Charakter. Sieni bestimmt den Standpunkt, die Kombination und Fixierung von Posen in räumlichen Szenen nach Maßgaben, die der Installation oder der zeitgenössischen Skulptur ähnlich sind.
Sienis Performances sind einem Ritual oder einem Fest vergleichbar. Die Sprache der Tänzer verliert sich in eine expressive Dimension, die nicht nur die dramatische Sprache der Szene ist, sondern auch die figurative und damit ikonische Sprache der visuellen Künste. Die Suche nach einer eigenen Sprache ist keine rein stilistische Übung, sie zielt vielmehr auf die Transformation von Material, Technik und Rauminhalt in eine Form, die auf das wesentliche reduziert und trotzdem vielschichtig ist im Hinblick auf ihr Vokabular und ihre Bedeutung. Für Sienis Arbeiten ist es entscheidend, wie Körper und Bewegung bei der Suche nach einer Sprache tausende Wörter, Phrasen, Gesänge und Bilder hervorrufen: eine Form in ständiger Expansion, zusammengesetzt aus Figuren und Verbindungen, die niemals zu einem Ende kommen und kein Repertoire bilden. 2006 Atelier Osso am Forum Neues Musiktheater.