DIALOG 12
Luigi Nono
Hay que caminar sognando (1989)
Evdokija Danajloska
Neues Stück (Uraufführung)

23.05.2005
20.00 Uhr

 
   
zurück  Ulrike Storz, Felix Borel: Violine

In Hay que caminar sognando, Nonos letzter vollendeter Komposition, setzten sich Tendenzen in seinem Komponieren fort, die Anfang der 80er-Jahre Nonos Musik wesentlich zu beherrschen begannen. Angeregt durch eine Mauerinschrift in Toledo bezieht sich Nono in zunehmendem Maße auf den Begriff des Wanderers (Caminante) und auf die Vorstellung des ziellosen Umherstreifens ohne Weg: „Caminante no hay caminos hay que caminar“ (Wanderer, es gibt keine Wege, es gibt nur das Gehen). Dieser Topos, der sich auch in vielen Werktiteln wiederfindet, wird in den letzten Jahren zum Motto von Nonos Komponieren ebenso wie zur Metapher für sein Selbstverständnis als Künstler. Hay que caminar sognando (Es gibt nur das Wandern / Gehen träumend), ist in gewissem Sinn eine Transkription der vorangegangenen Komposition La lontananza nostalgica utopica futura für Violine und Tonband: Der Komponist übernimmt Fragmente der Violinstimme, unterzieht sie verschiedenen Graden der Bearbeitung und setzt sie unter Verwendung kontrapunktischer Techniken und unter Berücksichtigung bestimmter Kombinationsmöglichkeiten zu einer neuen, über das erste Stück hinausreichenden Einheit zusammen. Dass mit dieser Neuinterpretation des alten Materials kein Anspruch auf Endgültigkeit der neuen Komposition verbunden ist, belegen Nonos unvollendet gebliebenen Bemühungen, sein Zwei-Violinen-Stück wiederum als Materialbasis für ein neues Streichquartett zu verwenden. Die Frage nach der Abgeschlossenheit des einmal Erreichten wird so zugunsten einer Option auf weiterreichende Perspektiven verneint.

Dieser fragmentierten Form der kompositorischen Ästhetik stellt sich die junge mazedonische, in Frankreich lebende Komponistin Evdokija Danajloska. Auch sie schreibt Musik, deren Fragilität oftmals nahe am Verstummen ist und dadurch das Erklingen der Töne zu einem in einem im hohen Grade gefährdeten Prozess macht.

Die beiden Interpreten des Konzerts, Ulrike Storz und Felix Borel, sind seit Jahren als Interpreten neuer Musik bekannt. Sie spielen regelmäßig in so wichtigen Formationen wie ensemble recherche, Ensemble Modern, Musikfabrik, Varianti, est! est!! est!!!, gelberklang, sowie dem Trio Ginko (Felix Borel) und dem HELIOS-Streichquartett (Ulrike Storz).