Uraufführung
IM SPIEGEL WOHNEN

Musiktheater von Andreas Breitscheid nach Bildbeschreibung von Heiner Müller

10.10.2003
20.30 Uhr

weitere Aufführungen
11., 12. und 13.10.2003
20.30 Uhr
11., 12., 13. und 14.12.2003
20.30 Uhr

 
   
zurück  Inszenierung: Jean Jourdheuil
Raum und Bildkonzeption: Mark Lammert
Videodesign: Philip Bußmann
Dramaturgie: Klaus Zehelein, Juliane Votteler
Klangregie: Manuel Poletti, Andreas Breitscheid

Jorge Silva Melo, Marc Barbé: Schauspiel
Tal Beit-Halachmi: Tanz
Lani Poulson: Mezzosopran
Sascha Armbruster: Saxophon
Mike Svoboda: Posaune, Tuba
Teodoro Anzellotti: Akkordeon
Stefano Scodanibbio: Kontrabass

Heiner Müllers Text beschreibt kein Bild, das existieren würde. Dennoch nähert sich sein Text aus dem Jahr 1984 (uraufgeführt zum Steirischen Herbst 1985) seinem Gegenstand auf eine Weise, die zunächst an das klassische Genre der Wiedergabe eines Kunstgegenstandes denken lässt. Erst allmählich realisiert der Rezipient, dass es sich um eine fiktive Landschaft und eine imaginierte Szenerie handelt. Auch wird der Betrachter in das Bild hineingezogen, ein vielstimmiger Chor von Sprechern reflektiert über die Geschehnisse inner- und außerhalb des Beschriebenen, der Text driftet von der Spekulation in die philosophisch – lyrischen Betrachtungen eines auktorialen Ichs.

Andreas Breitscheid unternimmt den Versuch, den nicht-dramatischen Text in einen szenisch-musikalischen Kontext einzubinden. Er untersucht mit vier Instrumentalisten die Möglichkeiten der Raumerkundung und Darstellungsformen von neuen Medien: Klänge werden verschoben, manipuliert und transformiert. Sie wandern nicht nur elektro-akustisch durch den Raum, sondern werden im Moment der Klangerzeugung bereits verändert, verschoben und unterdrückt. Die Vielstimmigkeit der Beschreibung und deren Veränderung im Kontext der absurden Szenerie wird so im musikalischen Umfeld dargestellt. Ebenso analysiert Jean Jourdheuil mit dem bildenden Künstler Mark Lammert die Möglichkeiten der szenischen Übersetzung dieser Versuchsanordnung. Zwei Schauspieler, eine Tänzerin und eine Sängerin erkunden das Feld der Darstellung im Zusammenhang mit den musikalischen Ausdeutungen und der akustischen Experimente. Wie kann sich heute im Musiktheater Sinn konstituieren, an Hand eines Textes, der gerade diesen zu verweigern scheint. Wie sind Musikprozesse, die aus computergesteuertem Material entstehen, im Raum wiederzugeben: als Spiegelung, als Reflex oder als Gegenentwurf zu dem, was ein Körper oder ein Ton der menschlichen Stimme zunächst unhinterfragt behauptet: eine Identität.
Das Pilotprojekt soll die Fragen nach den Mitteln des Musiktheaters in heutiger Zeit programmatisch aufwerfen. Es untersucht einige Aspekte, denen sich die weitere Arbeit dann gezielt widmen wird. So wird die Untersuchung und Befragung von Salvatore Sciarrinos Infinito nero die Frage nach der menschlichen Stimme im Raum zum Zentrum haben, während Jörg Mainka der Frage nach der zentralen Behauptung geschlossener Identität im Zusammenhang mit der Wiedergabe von Wahrnehmungsmustern nachgeht.

Das Pilotprojekt wurde gefördert durch das Programm EU Kultur 2000.

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